Im zweiten Teil der Season Preview wollen wir einen Blick auf die offensive Seite des Balles werfen. Auch hier haben sich sowohl beim Personal als bezüglich des Schemes einige Sachen verändert.
Personelle Änderungen
Coaching Tree
Genau wie in der Defense wurde auch in der Offense im Coaching Tree ordentlich rotiert. Der einzige Trainer, der bereits in der letzten Saison bei den Panthers war, ist der OLine Coach James Campen.
Als neuen Offensive Coordinator holte man Thomas Brown, den ehemaligen Tight Ends und Assistent Head Coach der Rams. Als WR-Coach stellt man ihm Shawn Jefferson zur Seite, der diesen Job bereits bei mehreren Franchises inne hatte. Mit Duce Staley hat man den RB-Coach der Lions verpflichtet, die in der vergangenen Saison eines der besten Laufspiele hatten. Zudem hatte Staley bereits in der Vergangenheit bei den Top Rush-Offenses seine Finger im Spiel. Für die Tight Ends holte man John Lilly aus dem College der North Carolina Tar Heels. Lilly besitzt bereits 30 Jahre Coachingerfahrung und hat in den vergangenen drei Saisons die TEs bei den Tar Heels gecoacht.
Da die Panthers zum ersten Mal in ihrer Franchisegeschichte einen Head Coach haben, der von der offensiven Seite kommt, hat auch er ein bekanntes Gesicht mitgenommen. Der Passing Game Coordinator Parks Frazier hat bereits unter Frank Reich bei den Colts gearbeitet und war dort in der vergangenen Saison noch Play-Caller.
Als letztes neues Gesicht ist ein Coaching-Neuling mit Josh McCown als QB-Coach installiert worden. McCown bringt die Erfahrung von 18 Saisons als NFL-Quarterback mit. Außerdem hat er für 10 verschiedene Franchises gespielt (unter anderem für die Panthers) und es gibt kaum jemanden, der öfter als Mentor für einen Rookie QB gedient hat.
Spieler
Abgänge
Die meisten Abgänge in der Offense halten sich im Grunde im Rahmen. Die meisten Spieler waren lediglich Back-ups oder Rotationsspieler. Mit PJ Walker und Sam Darnold hat man zwar zwei QBs verloren, die mehrere Starts für die Panthers aufweisen, jedoch sind viele Fans froh über die Abgänge. Einen sehr schweren Verlust haben die Panthers dennoch vorzuweisen. Im Zuge des Trades für den First Overall Pick hat man mit DJ Moore den klaren Nummer 1 Receiver verloren. Dies ist sowohl aufgrund seines Alters, seiner Qualität als auch seines Standings bei den Fans ein schmerzhafter Verlust.
Zugänge
Nach dem Verlust von DJ Moore wollten die Panthers die klaffende Lücke im WR Core schließen. Es wurde mit Adam Thielen einer der besseren WR der letzten 10 Jahre verpflichtet. Er hat zwar in den letzten Jahren abgebaut, aber kann mit seinen sicheren Händen einem Rookie-QB immer noch helfen. Ebenfalls in der Free Agency konnte man einen anderen DJ auf WR verpflichten: DJ Chark. Chark bringt vor allem Speed und Big-Play Gefahr mit, hatte jedoch immer wieder Verletzungssorgen zu kämpfen.
Auch im Draft wurde die WR-Position adressiert und man konnte mit Jonathan Mingo ein physisch sehr beeindruckendes WR-Prospect holen. Über allem steht natürlich die Verpflichtung eines neuen Franchise Quarterbacks. Mit dem First Overall Pick holte man Bryce Young von den Alabama Crimson Tide. Ihm wurde mit Andy Dalton ein sehr erfahrener Back-up zur Seite gestellt, der ihm als Mentor hilft.
Schematische Änderungen
Vor allem im schematischen Bereich wird die Offense der Panthers grundlegend verändert auftreten. Spannend wird zu beobachten sein, wie das genaue System der Panthers letztendlich aussieht. Mit Frank Reich als offensiven HC und Thomas Brown als OC, kommen zwei etwas unterschiedliche Ideen einer NFL-Offense zusammen.
Frank Reich steht eigentlich für die klassische West Coast Offense. Dies bedeutet vor allem viele kurze und mittellange Pässe, die auf gutem Timing des QBs aufbauen und ihn den Ball schnell loswerden lassen. Besonders TEs und RBs werden von ihm gerne stark in das Passspiel eingebunden.
Beim Super Bowl-Sieg der Eagles setzte er als Offensive Coordinator gerne zwei oder sogar drei TEs auf „early down“ ein, um Mismatches in der Defense zu kreieren. Aber auch bei den Colts waren die TEs, vor allem auch in der Redzone, immer stark eingebunden. So hatte Eric Ebron unter Reich eine absolute Hammer-Saison, als er mit nur 750 Yards 14 Total TDs verbuchen konnte. Reichs Offense benutzt ebenfalls oft RPOs um dem QB schnelle und einfache Reads zu ermöglichen.
Thomas Brown kommt von den Rams und damit aus dem momentan dominierenden offensiven Spielstil: dem McVay/Shanahan Tree. Die Hauptaspekte dieser Offense sind das Outside Zone Run Game in Kombination mit dem Bootleg-Playaction. Zusätzlich wird bei dieser Offense sehr viel mit Motion, Jet Sweeps und Screens gearbeitet, um dauerhaft Stress auf die gegnerische Defense auszuüben und jede Unachtsamkeit direkt zu bestrafen. Das vertikale Passspiel wird vor allem via Playaction eingesetzt.
Ein weitere Stärke dieser Offense ist ihre Unberechenbarkeit aufgrund ihres Personals. Das heißt, es gibt viele verschiedene Spielzüge, die im Grundaufbau gleich aussehen und es der Defense schwer machen, Pre-Snap zu erahnen welcher Spielzug von der Offense gespielt wird.
Außerdem gibt es viele Laufspielzüge aus den sogenannten Passformationen. Damit ist gemeint, es stehen drei oder mehr Receiver auf dem Platz und es wird der Ball trotzdem gelaufen. Dies bezweckt, dass die Defense mit „leichten Boxen“ (6 oder weniger Spieler) und mehr DBs als LB und DLinern agiert, um den Pass verteidigen zu können. Dann ist die Defense jedoch anfällig gegen den Lauf. Eine der Grundvoraussetzungen bei dieser Offense ist somit das Run-Blocking der WR. Dies ist vor allem bei Mingo eine seiner großen Stärken.
Die Kombination dieser beiden offensiven Spielideen wird sehr interessant zu beobachten sein. Frank Reich hat in einer Pressekonferenz bereits verkündet, dass er am Anfang der Saison als Playcaller agieren, dies jedoch im Laufe der Saison wahrscheinlich an Brown übergeben wird. Bereits in der Preseason konnten man dies beobachten. Reich hat in den Spielen in der ersten Halbzeit die Plays gecallt und Brown in der zweiten.
Man kann davon ausgehen, eine Offense zu sehen, die viel mit Playaction arbeitet. Dies wird in Kombination mit RPOs, Sweeps, Misdirection und Screens kommen. Also in allen Belangen deutlich kreativer und nicht so statisch wie in den letzten Jahren.
Saisonprognose
In der Offense ist die Saisonprognose deutlich schwieriger zu tätigen als in der Defense. Dies hat mit mehreren Punkten zu tun. Es gibt in der Offense deutlich mehr Fragezeichen und Unklarheiten. Zum einen, wie schnell können die einzelnen Spieler das neue System lernen? Und zum zweiten, wie gut funktioniert die Kombination aus Reich und Brown? Dazu gehört natürlich auch, ob die Offensive Line ihre gute letzte Saison bestätigen kann, da es auch für sie ein komplett neues Blocking-Scheme gibt und mehrere Spieler von Verletzungen wiederkommen.
Eines der größten Fragezeichen ist das WR-Core. Wie kann der Abgang von DJ Moore aufgefangen werden, bzw kann er überhaupt irgendwie aufgefagen werden? Man hat zwar Potential im WR-Core, jedoch wird das WR-Core der Panthers von fast allen Experten (zurecht) als eines der schlechtesten der NFL angesehen. Und über all dem ist natürlich die große Frage, wie gut ist Bryce Young wirklich? Kann er das, was er im College gezeigt hat, auch in die NFL übertragen? Wie gr0ß sind seine Startschwierigkeiten in der NFL, die Rookies (vor allem QBs) nunmal so gut wie immer haben?
Ich bin jedoch der Ansicht, dass die Panthers in diesem Jahr eine Offense stellen werden, die auf jeden Fall deutlich mehr Spaß macht anzusehen als in den letzten Jahren. Dies mache ich an folgenden Punkten fest:
Zum einen sehe ich den offensiven Coaching Tree als den besten an, den die Panthers in den letzten Jahren hatten. Sowohl was die Erfahrung der einzelnen Coaches angeht, als auch die Kreativität der Schemes und Variabilität im Playdesign. Während man vor allem in der letzten Saison offensiv nur einen Plan A hatte und dem Gegner hoffnungslos unterlegen war wenn dieser nicht funktionierte (bspw. letzte Saison gegen die Steelers), hat man nun deutlich mehr Innovation geholt.
Außerdem bin ich der Ansicht, dass das neue System deutlich besser zu den Spielertypen passt, die die Panthers haben. So wird ein Laviska Shenault im System von Brown seine Stärken mit dem Ball in der Hand durch die vielen Screens, Motions, Sweeps perfekt ausspielen können, da er dadurch viele designte Touches bekommt.
Auch ein Chuba Hubbard könnte im neuen System aufblühen. Er ist kein Runningback, der in einem Power Rungame durch die Mitte, wie es die Panthers in der letzten Saison gespielt haben, gut aufgehoben ist. Seine Stärken liegen eher bei Läufen über außen wo er sonst den Cutback nehmen kann und dann seine Explosivität nutzt. Die Panthers haben auch eine sehr athletische Offensive Line, die diese Athletik in Outside Run und Screen-Spielzügen ideal ausspielen kann.
Zum Schluss natürlich nochmal die Ungewissheit über den Quarterback. Man kann nie wissen, wie sich ein Rookie in der NFL präsentiert. Jedoch gelten sowohl die Frank Reich Offense, als auch die McVay Offense als sehr QB-freundlich. Man wird es Young somit gerade zu Beginn so einfach wie möglich machen und seine Stärken optimal nutzen. Er hat auch bereits in der Preseason bewiesen, dass er in Sachen Pocket-Verhalten vermutlich jetzt schon weiter ist als manche NFL-Quarterbacks (Sam Darnold lässt grüßen). Außerdem hat er bereits bei Alabama ein unterdurchschnittliches Supporting Cast gehabt und weiß, wie man das Maximum aus seinen Möglichkeiten macht, ohne unnötige Risiken einzugehen.
Ich bin überzeugt davon, dass man in diesem Jahr (endlich) wieder eine Panthers Offense zu sehen bekommt, bei der es Spaß macht, zuzusehen. Sowohl was ihre Playdesigns als auch deiePlays an sich angeht.